04 November 2006

Archivierungspflicht fürs Internet

Bereits am 22.Juli 2006 wurde das Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek vom Bundestag verabschiedet - mit einer
entscheidenden Neuerung der Archivierungspflicht: Künftig sollen auch Internetseiten meldepflichtig sein und von der Deutschen Nationalbibliothek archiviert werden.
Der ganze Irrsinn dieses Beschlusses wird immer deutlicher, sehr aufschlussreich hierzu der FAZ-Artikel "Jeder Chat ein Dokument" vom vergangenen Sonntag.
Im Geiste einer Unesco-Charta von 2003, in der das Internet als „einzigartige Quelle menschlichen Wissens und menschlicher Ausdrucksweisen“ bezeichnet wird, soll jede Site, jeder Chat, jeder Blog, der "von öffentlichem Interesse" ist, als kulturelles Erbe bewahrt werden.
Dafür sollen 28 neue Stellen bis zum Jahr 2011 in der Deutschen Nationalbibliothek geschaffen werden. Darüber hinaus scheint es noch keine konkreten Vorstellungen darüber zu geben, was, wie, wann, von wem, wie häufig archiviert werden soll. Klar ist nur, dass das Projekt KOPAL zur Langzeitarchivierung daran beteiligt sein wird.
Abgesehen von dem unmenschlichen Arbeitsaufwand, der nötig sein wird, scheint sich insbesondere die Schnelllebigkeit des Internets gegen das Unternehmen zu sperren: Wie sollen dynamische Seiten, die täglich anders aussehen, sinnvoll abgelegt werden? Weiterhin problematisch ist die Meldepflicht für alle Seiten, für deren Missachtung ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro droht. Und wie geht man mit wahrheits- oder rechtswidrigem Inhalt um? Wird Erwin Raschel im Archiv der Nationalbibliothek nun doch noch seinen Platz in der Geschichte finden, und wird Eva Herman Teil des deutschen Kulturerbes?
Wir dürfen gespannt sein.